The Winner takes it all

Der Spanier Jon Rahm hat in dieser PGA-Tour-Saison bereits so viel Geld verdient wie kein Golfer zuvor. Und die Saison hat eben erst so richtig begonnen.

FOTOS: GETTY IMAGES
Mit seinem zweiten Platz beim Mexico Open Ende April stieg sein Gesamt­preis­geld 2023 auf 14 465 840 Dollar. Diese Rekord­summe ergibt sich aus vier Siegen, darunter zwei Designated Events (Sentry Tournament of Champions und Genesis Invitational) und natürlich das Masters in Augusta, sowie fünf zusätz­lichen Top-10-Platzierungen.
Dieser Rekord hat verschiedene Gründe: zum einen natür­lich die fantas­tische Form, in der sich der Spanier der­zeit be­findet. Zum andern liegt es aber auch an den stark gestie­genen Preis­geldern auf der PGA Tour, ins­beson­dere bei den soge­nannten Designated Events. Bei diesen Tur­nieren werden total 20 Millionen Dollar Preis­geld verteilt – 3,6 Millionen davon alleine für den Sieger. Richtig: Die PGA Tour hat die Schatullen nicht ganz frei­willig geöffnet, sondern rea­giert damit auf den Ab­gang grosser Namen zur finanz­kräftigen und von den Saudis unter­stützten LIV Golf League. Bis 2022 hat die PGA Tour vergleich­bare Summen nur für ihr Flagg­schiff­turnier, die Players Champion­ship, aus­ge­schüttet. Doch Konkurrenz belebt bekannt­licher­weise das Geschäft – das dürfte zumindest Jon Rahm freuen.

Zum Vergleich: Das höchste Preis­geld, das Golf­legende Tiger Woods in einer einzigen Saison auf der PGA Tour ver­buchen konnte, waren 10 867 052 Dollar. 2007 gewann er gleich sieben Turniere, darunter die PGA Champion­ship und die Tour Champion­ship. Und: Woods ver­passte während dem ganzen Jahr keinen einzigen Cut und landete ins­gesamt zwölf Mal in den Top 10.

Trotzdem hat Rahm schon jetzt nicht nur deutlich mehr verdient als Tiger in seiner profita­belsten Saison, sondern auch mehr als Scottie Scheffler in seiner überr­agenden Saison 2021–22 (14 046 910 Dollar), wie «Golfpost.de» berechnet hat. Und ein Ende des Geld­segens ist in Anbe­tracht der gross­artigen Form des Spaniers und der Anzahl der anstehenden Turniere noch nicht in Sicht: Nebst den Millionen an fünf Designated Events sowie drei Major-Turnieren winkt dem zweifachen Familien­vater auch noch der FedExCup-Bonus am Ende der Saison.

Aber wer ist dieser Jon Rahm, die der­zeitige Nummer 1 im Golfsport der Männer? Das «Mallorca Magazin» erinnert sich so an einen der ersten Siege bei den Amateuren 2011: «Jon Rahm war ein voll­kommen Unbe­kannter, der auf der Marriott-Anlage von Son Antem bei Llucmajor einen seiner ersten Amateur-Titel gewann. Und das nur sehr knapp. Erst in der letzten Runde konnte Rahm dem bis dahin führenden Scott Fernández aus Granada den Schneid abkaufen und sich mit einem Schlag Vor­sprung den Gesamt­sieg sichern. Die Sieger­trophäe bekam er anschlies­send vom damaligen Präsi­denten des balearischen Golf­verbandes, Vicente Mulet, übergeben, zusammen mit einem festen Hände­druck.» Niemand hätte in diesem Augen­blick ahnen können, dass Jon Rahm zwölf Jahre später in Augusta einen Gewinn­check von 3,4 Millionen Dollar entgegen­nehmen würde.

Dass Rahm zum Golf­sport fand, hat er wie so viele andere Spitzen­sportler seinen Eltern zu ver­danken. Die nahmen ihn im Alter von acht Jahren das erste Mal auf einen Golf­platz mit. Und dort infi­zierte er sich mit dem Golf­virus. Ein paar Jahre später galt er in Spanien als Jahr­hundert­talent. «Ich war 13 oder 14 Jahre alt», blickte die Nummer 1 in einem Inter­view mit dem US-Golf­sender CNN Living Golf zurück, «da sagte ich
meinem Trainer, dass ich irgend­wann der beste Spieler der Welt werden würde.»

Doch der Aufstieg war nicht einfach. Um ihrem Sohn bei seinem Vor­haben zu helfen, beschlos­sen seine Eltern, ihn in den USA aufs College zu schicken, damit er auf einem höheren Niveau trainieren konnte. Für Jon keine leichte Entschei­dung. «Meine Eltern mussten mich in langen Gesprächen erst noch über­zeugen, ich war sehr skep­tisch», so Rahm. «Es war für mich eine sehr grosse Verän­derung und mein Englisch war zu der Zeit nicht das beste.» Doch seine Eltern blieben hart­näckig und über­zeugten ihn schluss­endlich. «Sie sagten mir: ‹Geh in die USA. Im schlimms­ten Fall lernst du nur Englisch, was du in diesem Berufs­feld sowieso können musst, um eine reelle Chance zu haben.»

Und Jon Rahm hat sie gepackt: «Ich habe meinen Eltern ver­sprochen, dass ich meinen Abschluss machen werde, wenn ich aufs College komme. Und ich habe mein Ver­sprechen gehalten. Gottlob. Und ich rate allen jungen Golferinnen und Golfern, zuerst einmal eine richtige Aus­bildung, einen Abschluss zu machen. Denn man kann auch später mit Golf anfangen und ein gross­artiger Golfer werden und eine gross­artige Karriere machen. Aber man kann die Zeit nicht zurückdrehen und später aufs College gehen und diese ein­malige Zeit auf die gleiche Weise erleben.»

Der Rest ist Geschichte. Seit 2017 reiht Jon Rahm auf der PGA Tour einen Sieg an den anderen. Im Corona-Juli 2020 erreichte er dank seinem Triumph beim Memorial erstmals die Spitze der Golf­welt­rangliste. Rahm war der 24. Spieler und nach Severiano Ballesteros der zweite Spanier, der die Welt­rang­liste anführte. Und derzeit steht er wieder ganz vorne.

Aber nicht nur im offiziellen PGA-Ranking, sondern auch auf Social Media. Denn Rahm hat beim US Masters in Augusta 2020 mit einem spektakulären Hole-in-one für Aufsehen gesorgt. Am 16. Loch hüpfte sein Ball nach dem flachen Abschlag zunächst drei­mal über das Wasser, ehe er wieder auf dem Grün landete und dort ins Loch rollte. Einziger Haken: Der Schlag gelang Rahm im Training. Wegen der Corona-Pandemie waren damals keine Fans zuge­lassen, Rahm erzielte sein Hole-in-one also nicht vor Tausenden von Fans, sondern nur vor wenigen Mit­spielern, Caddies und Fernseh­kameras. In den US-Medien war schnell von einem «Zauber­schlag» die Rede. Die PGA nannte den Schlag «eines der verrück­testen Hole-in-ones aller Zeiten». Über den offiziellen Twitter-Kanal des Turniers wurde die Szene innert Stunden fast 20 Millionen Mal angeschaut. Rory McIlroy kommen­tierte: «Stellen Sie sich das Getöse vor, das in einem normalen Jahr entstanden wäre.»

Kraftvoll: Jon Rahm in der dritten Runde am 13. Loch beim US Masters.
Kraftvoll: Jon Rahm in der dritten Runde am 13. Loch beim US Masters.

Weitere Beiträge

Social Share