Mit fast 51 Jahren krönte sich Phil Mickelson zum ältesten Major-Sieger der Golfgeschichte. Das Geheimnis des Golf-Oldies: neue Ernährung und Meditation.
Golf mag in gewissen Kreisen noch immer als Altherrensport verschrien sein. Doch dass ältere Herren tatsächlich grosse Erfolge feiern, ist eher selten. Noch seltener ist es, wenn sie grosse Turniere gewinnen. Das gab es noch nie. Bis zu jenem Sonntag kürzlich im Mai, als Phil Mickelson den Ball aus dem Rough mit einem Neuner-Eisen auf das 18. Grün schlägt. Weil der Ball nur wenige Meter neben der Fahne liegen bleibt und der Amerikaner zwei Schläge Vorsprung auf seine Konkurrenten hat, ist die Entscheidung um die Wanamaker Trophy im Kiawah Island Golf Resort gefallen. Der 50-Jährige versenkt den Ball mit zwei Putts im Loch und krönt seine Profikarriere mit einem historischen Kapitel. Denn Mickelson ist nun offiziell der älteste Major-Gewinner der Golfgeschichte. Er löst damit Julius Boros ab, der 1968 bei seinem Erfolg bei der PGA Championship 48 Jahre alt war.
Ein «unglaubliches Gefühl» sei es, spricht Mickelson nach seinem historischen Triumph in die Mikrofone der Reporter. Er habe einfach immer daran geglaubt, dass der Sieg für ihn im Bereich des Möglichen liege. «Ich hoffe, dass auch andere diese Art von Inspiration finden können. Es kann sein, dass man dafür ein bisschen mehr arbeiten muss. Aber meine Güte, am Ende ist es all das wert», so der Routinier euphorisch. Tatsächlich hatten ihm die meisten Experten einen solchen Erfolg nicht mehr zugetraut. Seinen letzten Major-Titel hatte Mickelson vor acht Jahren gewonnen; in der Weltrangliste lag er vor dem Turnier lediglich auf Rang 115. Im stolzen Athletenalter von 50 Jahren und elf Monaten machte er nun seinen sechsten Major-Triumph perfekt.
Mit diesem historischen Sieg gelang dem Amerikaner endgültig der Sprung unter die ganz Grossen des Golfsports. Zuvor hatte er immer ein bisschen im Schatten des übermächtigen Tiger Woods gestanden. Seine grosse Zeit hatte der Amerikaner denn auch in den Jahren nach dem Jahrtausendwechsel, als er gemeinsam mit Woods die Weltspitze dominierte und insgesamt fünf Siege bei den Majors verbuchen konnte. Er gewann drei Mal das Masters (2004, 2006, 2010), dazu die British Open (2013) und – vor diesem Jahr – auch schon mal die PGA Championship (2005). Woods war es denn auch, der Mickelson als einer der ersten zu dem historischen Ereignis via Twitter gratulierte: «Wirklich inspirierend zu sehen, dass es Phil Mickelson im Alter von 50 Jahren noch einmal geschafft hat. Glückwunsch!», schrieb der 15-malige Major-Champion, der wegen den Folgen seines Autounfalls selbst nicht an der PGA Championship teilnehmen konnte.
Tatsächlich ist Bewunderung wie Verwunderung über den späten Triumph des Golf-Oldies weitherum spürbar. Mickelson selbst sagte erst vor wenigen Monaten gegenüber einer Zeitung, er sei «alt geworden», und die «Konzentration auf hohem Niveau» hätte nachgelassen. Offensichtlich aber hat er dafür inzwischen eine Lösung gefunden. Genau wie seine Kollegen Tiger Woods und Rory McIlroy hat Mickelson Meditation als Wundermittel im Golfsport entdeckt. Mit mentalem Training ist es ihm gelungen, dem Alter ein Schnippchen zu schlagen. Auch Ausdauereinheiten, bei denen er teilweise mehr als 40 Löcher am Tag spielte, haben aus dem Golf-Routinier eine neue, bessere Version gemacht. Er sei stetig bemüht, seinen Fokus zu verlängern, erklärte Mickelson in einem Interview: «Ich versuche, meinen Verstand wie einen Muskel zu benutzen und im Alter noch besser zu werden», so der US-Profi. Für ihn sei es zuletzt schwieriger geworden, einen scharfen Fokus und eine klare Sicht auf den Schlag zu behalten. Denn, so Mickelson, rein physisch fühle er sich durchaus noch immer in der Lage, Schläge zu schlagen wie früher, als er noch jünger gewesen sei. Aber: «Vom Mentalen her brauche ich heute einen besonders klaren Fokus.»
Dass Meditation und mentales Training generell im Sport immer wichtiger werden, ist ein offenes Geheimnis. Doch auch die richtige Ernährung kann wahre Wunder bewirken. Mickelson etwa half eine radikale Ernährungsumstellung, um sich wieder besser fokussieren zu können. Vor allem der Verzicht hat aus dem früher oft etwas füllig wirkenden Sportler einen echten Athleten gemacht: «Ich faste jede Woche für 36 Stunden. Ich esse während eineinhalb Tagen gar nichts und lasse meinen Körper in dieser Zeit quasi einmal resetten», erklärt Mickelson seine neue Ernährungsstrategie.
Früher habe er sich keine grossen Gedanken darüber gemacht, was er seinem Körper zuführe. Seit er gelernt habe, welche Rolle Fette und Zucker beispielsweise bei Entzündungen spielen, isst der 50-Jährige anders. «Ich hatte keine Ahnung – oder ich wollte keine Ahnung haben. Seit ich weiss, was mir gut tut, esse ich viel weniger. Und sehr viel besser. Ich kann auch nicht mehr die gleichen Mengen essen wie früher, ich muss meinem Körper Pausen gönnen.»
Letztlich sei das Essen das grösste Opfer, welches er für einen Wandel zum späteren Turniersieger habe erbringen müssen. Doch: «Heute wache ich am Morgen fit und gut gelaunt auf, ich fühle mich generell besser und habe keine Entzündungen mehr. Es ist ein Opfer, das sich gelohnt hat.»
Text: Lukas Rüttimann | Bilder: Getty Images
Phil Mickelson
Alter: 51 Jahre
Nationalität: USA
Geburtstag: 16. Juni 1970
Grösse: 1,91 m
Familienstand: verheiratet, drei Kinder
Profi seit: 1992
Spiel: Rechtshänder, der linkshändig golft
Spitznamen: «Lefty», «Phil the Thrill»
Stärken: einer der besten Putter der PGA Tour
Schwächen: Spiel mit dem Driver
PGA-Tour-Siege: 45
Major-Siege: 6