In einem Solothurner Atelier entstehen stilvolle Kunstwerke aus der Golfwelt: Unter dem Namen Birdiehook haucht Sonja Weber ausgedienten, unspielbaren Golfbällen neues Leben ein und enthüllt deren Seele.
TEXT: MONIKA GROSSEN RODRIGUEZ | FOTOS: ZVG
Liebe Golfgemeinde, ab sofort wird kein Golfball mehr weggeschmissen. Auch wenn er nicht mehr spielbar ist und unschön aussieht! Er gehört in die Tonne beim Golfclub Wylihof, die extra für Sonja Weber aufgestellt wurde, um aus eben diesen alten Golfbällen wahre Kunstwerke entstehen zu lassen. Die Farben und Strukturen erinnern an ferne Planeten mit wunderbar abstrakten Landschaften – man fasst es kaum, welche Welten sich einem im Innern eines Golfballs eröffnen. Doch wie kommt jemand auf die Idee, Golfbälle zu halbieren und daraus Kunst zu machen?
Seit 2019 spielt Sonja Weber leidenschaftlich Golf. Bei ihren ersten Versuchen auf dem Golfplatz stolperte sie im Rough auf der Suche nach dem eigenen Ball oft über fremde, verwaiste Bälle. Manche lagen offen da, von einem Mäher verletzt, selten auffällig, doch einige überraschten sie mit pinkem und blauem Innenleben. Anfangs schenkte sie ihnen wenig Aufmerksamkeit, trug sie lediglich zum nächsten Abfalleimer.
Auf der Suche nach Occasion-Golfbällen im Internet ent- deckte die grafische Gestalterin schematische Darstellungen mit halben Bällen. Einige Bilder zeigten mehrfarbige kleine technische Wunderwerke. «Diese Abbildungen haben mich nicht mehr losgelassen», sagt sie.
Sie begann, Bälle zu halbieren. «Erst musste ich die richtige Technik finden, es war eine endlose Tüftelei», resümiert Weber. «Ich hatte keine Ahnung, was sich in welchem Ballmodell verbirgt – Golfbälleaufschneiden ist wie ‹Kinderüberraschung› für Erwachsene. Die Vielfalt ist unfassbar gross. Manche Bälle haben fast mineralische Oberflächen, andere wirken wie Lidschattentöpfchen. «Diese Farbwelten inspirierten mich. Nach und nach ist in mir die Idee gereift, halbierte Golfbälle so zu arrangieren, dass sich interessante Bild- und Farbwelten ergeben.» Das Konzept im Kopf nahm Form an. Die Künstlerin realisierte rasch: «Ich brauche Bälle!» Und zwar viele. Mittlerweile liegen in ihrem Atelier Tausende von Bällen, die sie in einem ausgeklügelten System nach Farben sortiert. Mit diesen Bällen entstehen die 3D-Birdiehooks mit 36 Ballhälften. Jedes Birdiehook erhält eine Legende, die den genauen Balltyp bezeichnet. Keiner der verarbeiteten Bälle ist nachträglich eingefärbt oder mechanisch bearbeitet worden. Die Bälle sind genauso, wie sie nach dem Halbieren aussahen. In seltenen Fällen veredelt die Gestalterin die Bälle mit Blattgold oder anderen Blattmetallen.
Die Upcycling-Golfkunst stösst auf Interesse: Sonja Weber freut sich über die Entwicklung der Verkaufszahlen. Seit Juni 2023 kann man die Werke im Online- Shop kaufen. Bemerkenswert ist, dass auch viele Nichtgolfende die Werke bestellen. Diese Klientel ordert meist FineArt-Prints, weil ihnen einfach der Look gefällt. Diese Bilder werden in einem speziellen Verfahren auf absolut reflektionsfreies Papier gedruckt und anschliessend auf dieselben Platten kaschiert wie die 3D-Objekte. Diese Oberfläche verleiht der Fotografie eine einzigartige Plastizität. Sie sind in zwei Formaten erhältlich und werden in maximal drei Exemplaren reproduziert.
Einige Werke sind aktuell im Golfpark Oberkirch ausgestellt. Von Dezember bis Ende März kann man die Birdiehooks ebenfalls im Golfpark Holzhäusern bewundern und ab Frühjahr in Webers Heimclub, dem Wylihof im solothurnischen Luterbach. Auf Voranmeldung zeigt die Golfballkünstlerin ihre Arbeiten auch gerne in ihrem Atelier in Solothurn.