Ready to Take-off

Elena Moosmann ist mit 20 Jahren die beste Amateurin der Schweiz und wechselt Ende Jahr ins Profilager. Wir begleiteten sie vor dem VP Swiss Ladies Open auf einer Trainingsrunde, wo sie eindrücklich vorführte, warum sie heute ein Handicap von +7,2 spielt.

Wie schafft sie das bloss, alles so leicht aussehen zu lassen? Ist es die jugendliche Unbeschwertheit der 20-jährigen Elena Moosmann oder ist es das harte Training der letzten zehn Jahre, welches sie zur besten Amateurin der Schweiz gemacht hat? Jedenfalls sieht bei ihr alles so locker und easy aus, als ob Golf der leichteste Sport der Welt wäre. Elena teet auf, macht einen kräftigen Probeschwung, positioniert sich für den Abschlag, konzentriert sich wenige Sekunden, und dann befördert sie den Golfball mit einem sauberen Schlag perfekt aufs Fairway. Nach gut 240 Metern kommt er zum Stillstand. «Genau da sollte er liegen bleiben, von dort kann man das Green direkt angreifen», erklärt Elena ihrer Flight- Partnerin Anna Kristina Eggenberger mit einem verschmitzten Lächeln.

Die 28-jährige liechtensteinische Nationalspielerin mit Handicap 0 erhielt ebenso wie Elena eine Wildcard für das VP Bank Swiss Ladies Open 2022 auf dem Golfpark Holzhäusern. Heute spielen die beiden als Turniervorbereitung zum ersten Mal gemeinsam eine Runde auf dem Parcours Zugersee und geben sich gegenseitig Tipps. Elena Moosmann kennt den Platz bestens. Hier hat sie vor zehn Jahren erstmals einen Golfschläger in der Hand gehalten und sich mit dem Golf-Virus angesteckt. Seither ist der Golfclub Ennetsee im Migros Golfpark Holzhäusern ihr zweites Zuhause geworden. Nur einen Steinwurf von ihrem Wohnort Hünenberg entfernt, trainiert sie hier wenn immer möglich ihren Lieblingssport.

Elena Moosmann liebt die Schläge mit ihrem Driver – genau wie ihr grosses Vorbild, der nordirische Profi Rory McIlroy.

«Im Golf ist man nie perfekt und das reizt mich», begründet Elena ihren offensichtlichen Eifer, es im Golfsport weit zu bringen. Der bisherige Werdegang ist vielversprechend: Im Vorjahr belegte sie am VP Bank Swiss Ladies Open, dem einzigen LET-Event auf Schweizer Boden, den sensationellen dritten Schlussrang. Bald darauf folgte die Spitzensport-Rekrutenschule in Magglingen sowie die Teilnahme an etlichen Amateurturnieren im Laufe des Jahres. Und diesen Sommer schloss Elena erfolgreich das Sportgymnasium in Luzern mit der Matura ab. «Jetzt fühle ich mich bereit, in den Profistatus zu wechseln.» Ihr grosser Traum ist es, sich in einem ersten Schritt über die Q-School für die Ladies European Tour zu qualifizieren. Und irgendwann dürfte dann ein Sieg an einem Major-Turnier auf der LPGA in Nordamerika folgen. «Träume dürfen ja auch mal etwas grösser sein», schiebt sie mit einem Augenzwinkern nach.

Wir befinden uns auf der nächsten Spielbahn. Ein gemeinsamer Blick ins Birdie Book erlaubt es den beiden Amateurgolferinnen, ihre Schläge der geforderten Länge anzupassen. Dabei wird deutlich, wie fit die beiden Ladies sind.

Gute Laune gehört bei Elena Moosmann mit auf die Golfrunde. Als beste Amateurin der Schweiz mit Handicap +7,2 hat sie auch gut lachen. Im Spiel überlässt die 20-Jährige nichts dem Zufall. Hoch konzentriert geht sie auf dem Platz ans Werk. Von Zeit zu Zeit konsultiert sie das detaillierte Birdie Book.

Die Kraftdosierung und gleichzeitige Lockerheit, mit der Elena mit einem 9er-Eisen die Kugel aufs Green befördert, könnte nicht besser sein. Dass unzählige Trainingsstunden notwendig sind, um ohne Beschwerden über die Runden zu kommen, bestätigt Elena mit der Schilderung ihres Pensums: «Wenn ich in einer turnierfreien Woche in der Schweiz bin, absolviere ich vier bis fünf Mal pro Woche mein Fitnesstraining im OYM in Cham, das auf die Förderung von Spitzensportlerinnen spezialisiert ist. Weiter gehe ich von Montag bis Samstag täglich auf den Golfplatz ins Training, nur am Sonntag ist golffrei.»

Das grosse Vorbild von Elena Moosmann ist übrigens Rory McIlroy. Das Spiel des Nordiren sei dem ihren ähnlich, begründet sie die Wahl: «Er spielt wenn immer möglich den Driver, und ich mag meinen Driver auch sehr, der ist mein Lieblingsschläger. Und auch die Fitness von Rory und seine ganze Persönlichkeit finde ich toll.» Da sie Mitglied des Swiss Golf Teams und Swiss Golf Ladies National Teams ist, könnte es ja durchaus sein, dass sich die Wege von Elena und Rory irgendwann in Zukunft kreuzen. Bis dahin konzentriert sie sich aber erst einmal auf die bevorstehenden Turniere und möglichst gute Resultate, damit der Einstieg in die Profikarriere Ende 2022 gelingt.

Am Ende der Trainingsrunde freuen sich Elena und Anna Kristina auf die Einladung zum gemeinsamen Mittagessen im Restaurant des Golfparks Holzhäusern. Denn die Finanzen sind im Profigolfsport der Frauen ein häufiges Thema und eine Einladung wird da gerne angenommen. Während bei den Männern Preisgelder von mehreren Millionen locken, muss sich eine Turniersiegerin auf der LET-Tour mit 30 000 Franken begnügen. Dies bei jährlichen Fixkosten einer Profispielerin von rund 150 000 Franken. Deshalb sei die Sponsorensuche für das Team Moosmann derzeit ein wichtiges Thema, sagt Elena: «Nebst der Unterstützung von Swiss Golf, der Schweizer Sporthilfe, von Golfers Paradise, Kjus, der Lötscher Tiefbau AG und der Schweizer Armee bin ich sehr offen für weitere Kollaborationen. Meine Mutter und ich kümmern uns momentan intensiv darum – wer sich also bei uns melden will, ist herzlich willkommen.»

TEXT & FOTOS: THOMAS BOROWSKI