Welchen Ball sollte ich spielen – und warum? Wenn man in die schönste Nebensache der Golfwelt eintaucht – die Wissenschaft der Golfbälle –, tun sich spannende Universen auf.
Je grösser der Pro-Shop und je grösser die Auswahl der Bälle, desto grösser die Verwirrung. Spiele ich mit Premium-Bällen für 5 Franken pro Stück besser als mit Bällen der mittleren Preiskategorie für etwa Fr. 2.50? Oder reichen nicht auch Lakeballs für einen einzigen Franken?
Beginnen wir zunächst mit den Gemeinsamkeiten. Die Hersteller müssen gewisse Normen einhalten, die von der USGA vorgegeben sind: Grösse: 42,69–45,92 cm, Gewicht: 45,93 Gramm, Dimples: 300–450. Die Dimples, sprich die kleinen Dellen auf dem Cover des Golfballs, sorgen für eine bessere Aerodynamik. Wäre ein Golfball glatt, würde er weniger Spin entwickeln und viel weniger hoch und weit fliegen. Bei älteren Bällen mit abgenutzten Dimples wie zum Beispiel alten Rangebällen ist die Gefahr grösser, dass sie «abstürzen» oder «S-Kurven» mit dem Driver produzieren. Daher sollte man vor einem Wasserhindernis nicht den ältesten Ball nehmen, sondern den neusten.
Warum variieren die Preise von Bällen so stark?
Die meisten Range-Bälle sowie preiswerte Bälle bestehen lediglich aus zwei Bauteilen, dem Kern und dem Cover aus Surlyn. Drei- bis fünflagige Bälle bieten durch eine weiche Urethan-Hülle viel mehr Spin und ein gutes Schlaggefühl im kurzen Spiel. Je mehr Schichten, desto besser die Performance bei langen Eisen und Fairwayhölzern.
Der Kompressionswert beschreibt, wie stark sich der Ball im Impact verformt. Je höher der Wert, desto härter der Ball. Beispiele für die Kompression bei Taylor Made: Speed Soft = 47, Tour Response = 73, TP5 = 85, TP5x = 92.
Wie finde ich meinen Ball?
Gemäss einer Statistik verbringt ein Spieler mit HCP 28 durchschnittlich 65 Prozent seiner Spielzeit mit Putten, Chippen, Pitchen und kurzen Eisenschlägen. Bei der individuellen Ballsuche sollte also die Performance im kurzen Spiel im Vordergrund stehen. Lass dich im Pro-Shop beraten, welche Bälle ein gutes Spinverhalten haben. Entscheide dich für zwei unterschiedliche Modelle und kaufe sechs Bälle. Teste die verschiedenen Modelle beim Putten, Chippen und Pitchen. Wie ist das Gefühl im Treffmoment? Wie ist die Längenkontrolle beim Putten? Manche Shops bieten Ballfittings im langen Spiel in einem Simulator an, bei denen man über die Spinrate, die seitliche Abweichung, den Smash-Faktor, die Schlaglänge etc. zu einem Favoriten kommt.
Was viele nicht wissen: Golfbälle haben ein vielfarbiges Innenleben. Das wurde mir bei einer Weiterbildung klar, als wir zwei- bis fünflagige Bälle mit einer speziellen Schere aufgeschnitten haben. Wer mehr Kerne sehen möchte und erfahren will, was das mit Kunst zu tun hat, dem empfehle ich einen Besuch der Website slicedgolf.ch.
Wer gerne etwas mehr Überraschung und Abenteuer in sein Golfleben bringen möchte, dem empfehle ich Lakeballs. Für wenig Geld bekommt man hier eine Wundertüte an Vielseitigkeit. Jeder Ball fühlt sich anders an und reagiert anders. Da darf man keine wiederholbaren Ergebnisse erwarten.
Spannend ist, wie viele Spieler gerne Geld für Schläger ausgeben, aber bei den Bällen sparen. Sobald dir dein Spielergebnis wichtig ist, solltest du dich auch mit dem Ballthema beschäftigen und immer mit demselben Modell spielen. Wer zu viele Bälle verliert, dem empfehle ich Golfunterricht. Der Winter ist die perfekte Zeit, um am Schwung zu arbeiten.
Ralf Lehmann
Dipl. Sportwissenschaftler
PGA Master Professional
Wissenswertes Ralf Lehmann hilft Golfern
seit 25 Jahren mit einfachen und effektiven Methoden, ihr spielerisches Potenzial zu entfalten. Er ist seit über zehn Jahren in der Swiss PGA registriert und hat unter anderem folgende Ausbildungen absolviert: PGA Master Professional, Diplom Sportpädagoge (Universität Tübingen), TPI-zertifizierter Golf-Fitnesscoach, Experte für Rhythmus- und kurzes Spiel. Ausserdem wurde er von «QualiCert» als gesundheitswirksamer Golf Pro zertifiziert und referierte für das Bundesamt für Sport in Magglingen.