Der Point Hardy Golf Club ist einer der angesagtesten neuen Golfplätze der Welt. Doch wird die Anlage in der Karibik dem Hype gerecht?
TEXT: DINO CANEPA | FOTOS: DINO CANEPA / ZVG
Der Point Hardy Golf Course liegt im Norden der karibischen Insel St. Lucia. Ich habe mich für eine Bleibe in der Nähe entschieden und nach meiner Ankunft am internationalen Flughafen ein Auto gemietet – in der Annahme, dass 63 Kilometer Fahrtweg keine grosse Sache sind. Falsch gedacht. Ich bin ja schon viel gereist und habe nichts gegen ein wenig Abenteuer, aber damit hatte ich nicht gerechnet: schlechte Strassen, riesige Schlaglöcher, steile Böschungen, zähflüssiger Verkehr und jede Menge Kurven, sodass ich nur sehr, sehr langsam vorankam und die Fahrt gut zwei Stunden dauerte. Viele Leute nehmen den Hubschrauber nach Cabot, und ich kann verstehen, warum.
Ich wohnte rund 15 Minuten vom Golfplatz entfernt in Rodney Bay, wo es eine grosse Auswahl an günstigen Hotels und netten Restaurants gibt. Aber ich kann mir denken, dass viele Besucher es vorziehen, in einem der Luxushotels auf der Insel zu übernachten und damit in den Genuss eines Transfers zum Golfplatz zu kommen.
Der 18-Loch-Platz des Point Hardy Golf Club ist eine weitere spektakuläre Küstenanlage, die in den letzten Jahren zum wachsenden Portfolio der Cabot-Gruppe hinzugekommen ist. Das vielleicht ehrgeizigste Projekt von Cabot entstand nach dem Kauf eines 375 Hektar grossen Grundstücks auf St. Lucia. Die Vision war kühn: einen Golfplatz von Weltklasse zu bauen und eine neue Feriendestination zu schaffen, in der fast 300 Grundstücke zum Verkauf stehen.
Sie hatten also das Grundstück, dann kam der Architekt. Wem würden Sie den Bau eines Golfplatzes anvertrauen, der mit den Besten mithalten können soll? Die Eigentümer wollten unbedingt einen Top-100-Golfplatz bauen, und es gibt nur wenige Firmen, die dieses Niveau in der Vergangenheit immer wieder erreicht haben. Also wurden Coore & Crenshaw mit dem Auftrag betraut. Und was diese sahen, gefiel ihnen. Bill Coore sagte über das Land: «Es ist gut möglich, dass Cabot St. Lucia das optisch beeindruckendste Stück Land ist, mit dem wir je gearbeitet haben.»
Ich kann bestätigen: Die Umgebung ist absolut einzigartig. Wenn man auf das Gelände fährt, erreicht man einen Bergkamm, von dem man einen unglaublichen Blick über den Golfplatz, die Klippen und das dahinter liegende Meer hat. Eine spektakulärere Umgebung zum Golfspielen kann man sich kaum vorstellen. Es gibt zwar noch kein festes Clubhaus, aber die Verpflegungsmöglichkeiten sind hervorragend. Und das Personal ist unglaublich freundlich und zuvorkommend. Kein Wunder, wurde der Point Hardy Golf Club von Golf.com auf Anhieb in die «Top 100 Courses of the World» aufgenommen. Platz 76 für einen Newcomer ist ein absoluter Triumph.
Meine Vorfreude aufs Golfen hätte also nicht grösser sein können. Der Par 71 ist zwar nicht lang – von den hinteren Abschlägen sind es 6080 Meter und von den mittleren, grünen Abschlägen, die wahrscheinlich am meisten gespielt werden, nur 5710 Meter. Viele Löcher führen bergab, aber davon sollte man sich nicht täuschen lassen: Der Platz erfordert einige sehr präzise Schläge. Insgesamt gibt es fünf Par 3 in Point Hardy, und das vierte ist das einzige, bei dem das Meer nicht im Spiel ist.
Ebenfalls erwähnenswert: Es gibt mehrere blinde Schläge auf dem Platz – entweder vom Abschlag aus oder auf dem Weg zum Grün. Wie immer bei blinden Schlägen kann es beim ersten Mal etwas unangenehm sein. Aber ein Schlag ist schliesslich nur einmal blind – beim zweiten Mal kann man sich bereits etwas entspannen.
Coore & Crenshaw haben einen Golfplatz entworfen, der eine vorbildliche Ausführung erfordert, um einen guten Score zu erzielen. Im Allgemeinen muss der Ball durch die Luft gespielt werden – es gibt nur wenige Löcher, bei denen man den Ball über den Boden spielen kann. Und oft muss man den Ball auf eine bestimmte Zahl genau treffen, vor allem an den letzten Löchern. Wenn dann noch das Rough und der oft wehende Wind dazukommen, hat man eine echte Herausforderung vor sich. Auch wenn es sich um einen Resort-Platz handelt, kann einem der Score leicht entgleiten, wenn man nicht in der Lage ist, die kurzen Bälle zu stoppen.
Der Platz war in einem phänomenalen Zustand. In diesem Klima wächst alles sehr schnell, und das Rough entlang der Fairways und um die Grüns herum war stellenweise ziemlich brutal. Wegen der atemberaubenden und spektakulären Aussichten greift man immer wieder zur Kamera. Wenn es das Ziel war, einen Platz mit Wow-Faktor zu bauen, dann erfüllt Point Hard in Cabot St. Lucia dieses Ziel zu hundert Prozent!
Cabot Saint Lucia ist ein privater Club und der Point Hardy Golf Club ist nur für Mitglieder und deren Gäste zugänglich. Derzeit ist es jedoch, auch Besuchern möglich, auf dem Platz zu spielen, wenn dieser dann gerade nicht zu voll ist. Die Kosten belaufen sich auf mehrere Hundert Dollar plus Caddie und Cart, aber dafür kann man auch die sogenannten Komfortstationen nutzen. Das sind vollausgestattete Bars mit allen erdenklichen Getränken. Es gibt eine grosse Auswahl an erlesenen Weinen, einheimische und internationale Biere, jede Art von Spirituosen, die man sich vorstellen kann, hervorragende Cocktails und einen Barkeeper, der einem mixt, was man will. Ach ja, und nicht zu vergessen die riesige Auswahl an Süssigkeiten und sonstigen Leckereien, die im Preis inbegriffen sind. Als ob mich der Golfplatz nicht schon genug in seinen Bann gezogen hätte, fühlte ich mich dort wie ein Kind im Süsswarenladen!