Es bleibt kompliziert

Eineinhalb Jahre nach Verkündigung eines Rahmenabkommens zwischen PGA Tour, DP World Tour und LIV Golf ist der Golfsport noch immer gespalten. Wie lange soll das so weitergehen?

FOTOS: GETTY IMAGES

Der 6. Juni 2023 hätte eigentlich die Wende bringen sollen. Die Meldung über die geplante Fusion zwischen PGA Tour, DP World Tour und dem Start-up LIV Golf war zwar für viele ein Schock, versprach aber eine Einigung der seit 2022 verfeindeten Lager. PGA-Tour-Aushängeschild Rory McIlroy gab damals an, LIV zu hassen. «Aber wenn ich versuche, mich selbst aus der Situation herauszunehmen, wenn ich auf das grosse Ganze blicke und auf die nächsten zehn Jahre, dann wird es vermutlich gut sein für den professionellen Golfsport», sagte er. Und dann? Passierte erst einmal gar nichts. Die öffentliche Schlammschlacht schien ad acta gelegt, die Töne zwischen den Spielern beider Lager wurden versöhnlicher, die erste Frist für eine Vereinbarung verstrich am 31. Dezember 2023 jedoch ohne Ergebnis. Stattdessen stärkte sich die PGA Tour Anfang 2024 mit einer Finanzspritze der Strategic Sports Group (SSG), die bis zu drei Milliarden US-Dollar betragen haben soll, und gründete die PGA Tour Enterprises, die den saudi-arabischen LIV-Eigner Public Investment Fund (PIF) als Minderheitsinvestor vorsah. PGA-Tour-Commissioner Jay Monahan sprach von einer «tollen Voraussetzung für Innovationen», aktiv in Erscheinung trat das neue, kommerzielle Unternehmen vorläufig aber nicht.

Unterschiedliche Spielermeinungen
Die Monate zogen ins Land, jede Tour operierte für sich. Gemischte Teilnehmerfelder gab es allenfalls bei den Major-Turnieren, die nach wie vor die einzige Gelegenheit für LIV-Spieler zum Sammeln von Weltranglisten punkten blieben. Ein Jahr nach Verkündigung des Rahmenabkommens war noch nicht einmal bekannt, ob Verhandlungen tatsächlich stattfinden. Bis Jay Monahan am Rande der Tour Championship verriet, PIFBoss Yassir Al-Rumayyan im Juni in New York zu Gesprächen getroffen zu haben. «Was den Zeitrahmen und den Stand der Dinge angeht, kann ich nur sagen, dass wir mit den Gesprächen vorankommen und auf einem guten Weg sind», verriet er, deutete aber auch Meinungsverschiedenheiten an: «Es sind sehr komplizierte Diskussionen.»

Immerhin finde der Dialog «mit den richtigen Leuten am Tisch» statt, so der Commissioner, und einer davon soll Tiger Woods sein. Ein Reporter des US-Fernsehsenders ESPN will herausgefunden haben, dass der 15-malige Major Champion zu einer Gruppe von PGA-Tour-Offiziellen gehört, die sich mit PIF-Vertretern austauschen, um die stockenden Gespräche zu beschleunigen.

Während Woods’ Einflussnahme im September Hoffnungen weckte, schürte McIlroy im Rahmen der BMW PGA Championship Zweifel. Bei der Pressekonferenz auf den Deal angesprochen, sagte der Nordire, dass die Hälfte der Spieler beider Lager die Fusion gar nicht wollten. «Wie bei allem ist jeder auf sich selbst und sein eigenes Wohl bedacht», meinte er. «Für die einen wäre es von Vorteil, wenn der Deal nicht zustande käme, und für die anderen wäre es von Vorteil, wenn er zustande käme.» Nebst juristischen Schwierigkeiten seien die unterschiedlichen Spielermeinungen der Hauptgrund für die Verzögerungen.

«Ein bisschen Crossover»
Anfang Oktober, bei der Alfred Dunhill Links Championship in St. Andrews, schien wieder Bewegung in die Sache zu kommen. Turnierchef Johann Rupert, Befürworter einer Wiedervereinigung im Profigolf, ermöglichte nicht nur zahlreichen LIVSpielern die Teilnahme bei dem DP-World-Tour-Flaggschiffevent, sondern lud auch zu Friedensgesprächen ein. Wobei Jay Monahan, Yasir Al-Rumayyan sowie der neu ernannte DP-World-Tour-CEO Guy Kinnings bei dem ProAm-Turnier nicht nur zugegen waren, sondern gemeinsam mit Stars wie Rory McIlroy eine Runde spielen konnten – ein Zeichen dafür, dass die langwierigen Verhandlungen endlich einen Schritt weitergekommen sind?

Erneut gab sich der McIlroy in einem Interview nüchtern. Eine Einigung über eine PIF-Investition in PGA Tour Enterprises bis Ende des Jahres sei durchaus realistisch. Nicht erwarten dürfe man aber eine baldige Fusion. Er gehe davon aus, dass die PGA Tour und LIV Golf sowie die zwischen ihnen aufgeteilten Star-Spieler noch jahrelang ihren eigenen Weg gehen würden. «Das Beste, worauf wir hoffen können, ist ein bisschen Cross-over zwischen ihnen», sagte er. Einen ersten Vorgeschmack auf «ein bisschen Cross-over» gibt es immerhin schon im Dezember, wenn Stars der rivalisierenden Serien bei «The Showdown» in Las Vegas antreten (siehe unten). Darüber hinaus gehen die Tours eigenständig ins neue Jahr. Eine Einigung, die es allen Spielern ermöglichen würde, auch abseits der vier Major-Turniere gegeneinander anzutreten, steht nicht unmittelbar bevor. Trotzdem war die Veröffentlichung der ersten vier LIV-Termine nicht ohne Brisanz: Anders als in den vergangenen Saisons, als Überschneidungen mit Topturnieren der PGA Tour möglichst vermieden wurden, wird 2025 keine Rücksicht genommen. Der erste LIVEvent in Riad kollidiert mit dem WM Phoenix Open, der Event in Adelaide mit dem Genesis Invitational, der Event in Hongkong mit dem Arnold Palmer Invitational und der Event in Singapur mit der Players Championship. Die Botschaft scheint zu lauten: Macht doch, was ihr wollt, wir kümmern uns nicht mehr um euch.

Muss Greg Norman erst gehen?
Während Gespräche zu einer möglichen Zusammenarbeit von PGA Tour, DPA World Tour und LIV Golf vorläufig also ohne konkrete Ergebnisse bleiben, macht sich ein neues Gerücht breit. Wie das «Sports Business Journal» gemäss nicht genannter Quellen im Oktober berichtete, schaut sich der saudi-arabische Public Investment Fund schon seit Monaten nach einer Nachfolge für den umstrittenen LIV-CEO Greg Norman um. Gemunkelt wird, dass Normans Rücktritt den Deal beschleunigen könnte. Social-Media-Golfstar Peter Finch mutmasste in seinem Podcast sogar, dass dieser Rücktritt überhaupt erst die Voraussetzung für eine Wende sei.

«The Showdown» in Las Vegas

Am 17. Dezember 2024 kommt es zum Showdown zwischen Topspielern der rivalisierenden Golf-Ligen. Bei einem Schaukampf in Las Vegas treten die beiden PGA-Tour-Stars Scottie Scheffler und Rory McIlroy gegen die LIV-Promis Bryson DeChambeau und Brooks Koepka an. Gespielt wird auf dem Shadow Creek Golf Course, jenem Platz, auf dem 2018 schon «The Match» zwischen Phil Mickelson und Tiger Woods stattgefunden hat. «Es ist nicht einfach nur ein Duell zwischen Golfgrössen, es ist ein Event für die Fans. Wir wollen ihnen eine Show liefern und den Willen zeigen, die Besten wieder zueinanderzubringen», verspricht McIlroy.

Kraftvoll: Jon Rahm in der dritten Runde am 13. Loch beim US Masters.

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