Einst als Schreckgespenst der etablierten Golfclubs angesehen, mauserte sich Grossverteiler Migros mit Angeboten für clubfreie Golfende zur Nummer 1 im Schweizer Golfsport. Jetzt werden die Migros Golfkräfte zentralisiert. Als CEO der neuen Migros Golf AG stellt Roman Ziegler viele Neuerungen in Aussicht und spricht im Interview auch über Preise.
1995 ging ein Beben durch die Schweizer Golflandschaft: Grossverteiler Migros stieg mit der Eröffnung der Golfanlage Holzhäusern im Kanton Zug ins Golfbusiness ein. Fünf weitere Migros Golfparks in fünf weiteren Kantonen sollten bis 2007 folgen. Unter dem Motto «Den Elitesport zum Volkssport machen» setzte sich die Migros zum Ziel, das elitäre Image des Golfsports nachhaltig zu verändern.
Die von der Migros angebotene, clubfreie Mitgliedschaft in Form der Migros GolfCard stiess beim Verband der Schweizer Golfclubs, Swiss Golf, anfänglich auf Gegenwehr. Damals lautete in der Schweizer Golfclub-Szene die gängige Meinung: Wer Golf spielen will, muss zwingend Mitglied in einem Golfclub sein und mit dem teuren Club-Mitgliederbeitrag zum Unterhalt der Schweizer Golfinfrastruktur beitragen.
Dieser Standpunkt bröckelte über die Jahre. Ab 2008 schlossen sich die clubfreien Organisationen dem Verband an und 2019 willigten die privat geführten Schweizer Golfclubs an der Delegiertenversammlung des Landesverbandes ein, die beiden Public Golf Organisationen, Migros GolfCard und ASGI, in einer eigenen Mitgliederkategorie aufzunehmen. Die Gründe dafür lagen auf der Hand: In den Migros Golfparks werden heute jährlich rund 400 000 Runden Golf gespielt und auf den Driving Ranges über 21 Millionen Bälle abgeschlagen. Mit jährlich über 1000 Platzreifeprüfungen ist die Migros zur grössten Förderin des Schweizer Golfsports herangewachsen und hat diesen einer breiten Bevölkerung zugänglich gemacht, getreu dem Credo: Golf für alle.
Ein Meilenstein in dieser Erfolgsgeschichte war die Lancierung der Migros GolfCard im Jahr 2008. Damit bot die Migros den clubfreien Golferinnen und Golfern die Möglichkeit, das Handicap kostengünstig verwalten zu lassen und mit der Mitgliederkarte auch auf ausländischen Golfplätzen eine Spielberechtigung zu erhalten. Heute zählt die Migros GolfCard über 21 000 Mitglieder.
Als Direktionsmitglied der Genossenschaft Migros Luzern in der Zentralschweiz war Roman Ziegler, zusammen mit Projektleiter Marco Popp vom Migros Golfpark Oberkirch, an dieser bahnbrechenden Entwicklung beteiligt. «Sie fand ganz natürlich statt – wir hatten damals in unseren Golfparks viele Golferinnen und Golfer ausgebildet, und alle Migros Clubs waren voll. Deshalb sagten wir uns, dass wir die Möglichkeit einer Golf-mitgliedschaft aus eigener Hand bieten wollen. So haben wir das Geschäftsfeld Golf in der Migros aktiv mitgestaltet», erinnert sich der heute 54-Jährige.
Im Interview mit «GOLF.ch» gibt Roman Ziegler Auskunft zur zukünftigen Preisgestaltung und stellt positive Entwicklungen in Aussicht.
CEO Roman Ziegler: «Mit der neuen Organisation wollen wir auch die vorhandenen Synergien zwischen den einzelnen Anlagen besser nutzen.»
Roman Ziegler, was bedeutet Golf für Sie in drei Stichworten?
Golf besteht für mich aus drei Teilen: Da ist einmal die sportliche Herausforderung, dann die Leidenschaft, wenn einen das bekannte Golfvirus befällt – das mich eindeutig befallen hat –, und am Ende des Tages ist Golf auch einfach ein Geschäft. Also Sport, Leidenschaft, Business.
Sie sind seit dem 1. Juli als CEO der Migros Golf AG der neue Schweizer «Big Boss» in Sachen Golf. Welchen Bezug haben Sie zum Golfsport und welche Erfahrungen bringen Sie mit?
Ich habe für die Migros in der Zentralschweiz 17 Jahre die verschiedensten Facetten des Migros Golfsportes mitverantwortet und bin so mit der Materie bestens vertraut. Zu erwähnen ist noch, dass 1995 mit dem Migros Golfpark in Holzhäusern der Golfsport bei der Migros begann und ich auch damals schon für die Migros Luzern als junger HR-Verantwortlicher gearbeitet und das Projekt begleitet habe. 2007 haben wir dann den Migros Golfpark Oberkirch gebaut, dessen Spatenstich ich ausführen durfte. Zu meiner neuen Funktion als CEO von Migros Golf bin ich gekommen, weil ich schon immer eine hohe Affinitiät zum Golfsport und bereits die Verantwortung für zwei Golfparks hatte.
Waren die Golfparks der Migros denn bisher, vereinfacht gesagt, eigenständige Firmen, die nun in einer grossen Firma aufgehen?
Ein Stück weit kann man das so sagen, ja. Zwischen den regionalen Migros Genossenschaften und deren Golfparks haben wir bis anhin immer koordiniert und uns in vielen Entscheidungen aufeinander abgestimmt. Aber ausgeführt hat jede Einheit für sich. Die einzelnen Organisationen vor Ort mussten und müssen weiterhin selbstständig funktionieren können, was sie ja auch bestens tun. In gewisser Weise waren die Golfparks stets auch die Exoten in einem Detailhandelsunternehmen wie der Migros und genossen ihre Freiheiten.
Was hat nicht mehr gepasst in der dezentralen Organisation der Golfparks, dass die Golfaktivitäten nun schweizweit im neuen Unternehmen Migros Golf AG zusammengefasst werden?
Der Fokus bei der Migros liegt schweizweit auf dem Detailhandel, weshalb die Genossenschaften von anderen Aufgaben entlastet werden sollen, wozu unser Golfangebot zählt. Der Koordinationsaufwand zwischen den einzelnen Golfangeboten der Migros Genossenschaften war gross. Das soll sich nun ändern – unsere Migros Golf AG denkt künftig nur noch an Golf und kann sich ganz darauf konzentrieren, was am Ende des Tages zu einer Professionalisierung führen soll, mit einfacheren und effizienteren Strukturen. Mit der neuen Organisation wollen wir auch vorhandene Synergien zwischen den einzelnen Anlagen besser nutzen, wie beispielsweise die einheitlichen Buchungsmöglichkeiten.
Bisher galt in den Migros Golfparks das Motto «Golf für alle». Wird sich daran etwas ändern, oder wird Golf in der Migros nun elitärer, die GolfCard teurer?
«Golf für alle» war, ist und bleibt unser Erfolgsrezept, daran wird sich nichts ändern. Damit hat die Migros den Golfsport breitensportfähig gemacht und ein breites Publikum angesprochen. Das ist weiterhin unsere grösste Ambition. Wir machen für Einsteigerinnen und Einsteiger einen niederschwelligen Zugang zu Golf über Events oder beispielsweise FunGolf möglich. Was die Preise anbelangt, werden wir daran vorläufig nichts ändern. Die derzeitige Inflation und die Materialverknappung sind aber auch für uns eine riesige Herausforderung.
Welche Vor- und Nachteile werden die Gäste der Migros Golfparks unter der neuen Verwaltung zu spüren bekommen?
Wir wollen das Golferlebnis für unsere Kundschaft noch einfacher machen. Wir wollen erreichen, dass beispielsweise eine universale Ballkarte für alle Migros Golfparks Gültigkeit hat. In diese Richtung möchten wir unsere Angebote verbessern und vereinfachen. Im Hintergrund beschäftigt uns die Digitalisierung und Vereinheitlichung der Systeme am meisten. So haben unsere Golfparks heute ihre eigenen PC-Caddie-Angebote, deren Datenbanken nicht miteinander harmonisiert sind.
Sicherlich hat die AG-Gründung auch wirtschaftliche Aspekte. Können Sie uns dazu einige Zahlen nennen?
Es ist noch zu früh, als dass ich hier Zahlen nennen könnte. Per 1. Juli ist alles in die neue Aktiengesellschaft eingeflossen. Vereinheitlichte Umsatzzahlen werden wir also erst am Ende unseres ersten Geschäftsjahres Ende 2023 veröffentlichen können. Was öffentlich ist, ist unsere Mitarbeiterzahl von rund 350 Personen.
«Wir wollen viele Neulinge zum Golfsport bringen, das bleibt unsere grosse Ambition.»
Wird die Zusammenlegung über kurz oder lang personelle Konsequenzen nach sich ziehen?
Nein, hier bleibt alles beim heutigen Stand. Der Grossteil unserer Mitarbeitenden arbeitet in den Golfparks und erbringt die Dienstleistungen vor Ort – wie beispielsweise das Greenkeeping oder den Gastrobereich. Dieses Personal braucht es.
Golf Limpachtal wird nicht Teil der Migros Golf AG und verbleibt in der Genossenschaft Migros Aare. Warum? Und bringt das Nachteile für Golf Limpachtal und seine Spielerinnen und Spieler?
Limpachtal war bisher kein eigentlicher Migros Golfpark, sondern immer schon ein mitgliederbasierter Privatgolfplatz, der sich der Migros Aare angeschlossen hatte. Bei unseren Vorgesprächen zur Bildung der AG wurde schnell klar, dass Golf Limpachtal selbstständig bleiben soll. Die Mehrheitsbeteiligung liegt also weiterhin bei der Migros Genossenschaft Aare und sie wird entscheiden, wohin die Zukunft führt.
Welche Visionen haben Sie für den Golfsport in der Schweiz allgemein – und spezifisch für Migros Golf?
Wir wollen den Zugang zum Golfsport weiterhin einfach gestalten, das bleibt unsere grosse Ambition. Ein Beispiel dafür ist unser FunGolf, wo es nach einer kurzen Einführung bereits auf den Kurzplatz geht und man das Golf-Feeling direkt auf dem Rasen erlebt. Wir sehen zudem Wachstumsmöglichkeiten in verschiedenen unserer Anlagen, mit durchaus vorhandenem Erweiterungspotenzial. «Golf für alle – und alles für Golf» lautet unser internes Motto, welches zum Ausdruck bringt, was wir erreichen wollen. Die Leidenschaft für den Golfsport verbindet alle Mitarbeitenden der Migros Golf AG – und diese Passion wollen wir gemeinsam weiter aufrechterhalten.
Roman Ziegler, CEO Migros Golf AG
Seit 1995 als HR-Verantwortlicher bei der Migros Genossenschaft Luzern, ab 2005 Geschäftsleitungsmitglied der Genossenschaft Migros Luzern für Nicht-Detailhandel (Bildung, Klubschulen, Freizeitanlagen wie Golf) verantwortlich. Seit 1. Juli 2022 CEO Migros Golf AG. Roman Ziegler spielt seit 2005 Golf, sein Handicap steht «bei rund 21».